
Italien | Friaul-Julisch Venetien | San Michele del Carso | 6. Oktober 2020 | In der Karstlandschaft zwischen Monfalcone im Süden und Görz im Nordosten befindet sich eine kleine Oase der Entspannung und der Karstküche: Die „Lokanda Devetak 1870“. Gabriella und Auguštin Devetak hüten hier die Karsttradition. Und damit man die herrlichen Gerichte und hervorragenden Weine auch richtig genießen kann, gibt es acht nette und sehr gut eingerichtete Zimmer zum Übernachten, beruhigende Geräusche des Karstwaldes inklusive.
Wo die Abgelegenheit zum Erlebnis wird.

Es war Mitte der 1990er-Jahre als mich ein Hotelier aus dem nahegelegenen Gradisca d’Isonzo mit seinem Pkw in diesen abgeschiedenen Winkel, fern von großen Straßen, fuhr. Mitten in der Einöde sagte er zu mir, dass in der nächsten scharfen Kurve „der Devetak“ seine Gostilna (slowenisch für Trattoria) hat. Diese scharfe Kurve merkte ich mir dann für weitere Besuche, denn „der Devetak“ in Michele war und ist eines der besten Restaurants im Karst. Und „der Devetak“ ist wahrlich nicht ganz einfach zu finden.

Das unscheinbare Steinhaus steht seit 1870 hier im Karst, einst ein Grenzwirtshaus gewesen, heute ein Restaurant, in dem man den Weinkeller besuchen, bei gepflegter Tischkultur slowenisch-italienische Küche genießen und anschließend sich in ein gemütliches Zimmer zum Erholen zurückziehen kann. Neben dem geschotterten Parkplatz befindet sich ein Kinderspielplatz in dem von einer Steinschlichtmauer umgegeben Garten. Zum Spazierengehen laden die wenig befahrenen Straßen in der Umgebung ein, die entlang von ansehnlichen Landhäusern und alten Bauwerken durch die etwa 240 m ü. A. hoch (oder niedrig) liegenden Hügellandschaft des Görzer Karstes führen.
In der Küche regieren die Frauen, im Restaurant der Mann

Gabriella Cottali-Devetak, die Frau von Auguštin Devetak, genannt Ustili, stammt aus Brescia in der italienischen Region Lombardei. Sie musste erst von ihrer Schwiegermutter Michaela die Geheimnisse der Familienrezepte eingeführt werden, bevor sie zur „Königin der Küche“ wurde. Das Lifestyle Magazin „Falstaff“ für anspruchsvolle Genießer belohnte sie zuletzt 2019 wieder mit zwei Gabeln. Zusammen mit ihrer Tochter Tjaša ,Tatjana, wird mit frischen Zutaten gekocht, dis aus dem eigenen Gemüse- und Obstgarten ihrer Tochter Sara, die im selben Ortsteil die ‚Azienda Agricola – Kmetija‘, einen Bio-Bauernhof, gemeinsam mit ihrem Großvater und Ehemann Pavel betreibt, sowie aus der Region stammen. Tabu sind künstliche Aromen, hingegen sind Brot und Pasta hausgemacht.

Während die Küchen-Feen mit der Zubereitung der Speisen beschäftigt sind, kümmert sich Ustili um die Gäste im Restaurant. Der Sommelier ist auch ein Menschenkenner und begrüßt seine Gäste wie alte Freunde, jedenfalls hatte ich bei meinem letzten Besuch diesen Eindruck (obwohl er mich sicherlich viele Jahre nicht gesehen hatte). Die Gäste bekommen dann auf ihrem Tisch einen persönlichen Stein (die Erklärung für dieses Ritual ist mir entglitten).
Die Jahreszeit bestimmt die Speisenkarte
Werfen wir doch einen Blick auf das Herbstmenü 2020: Bei den Vorspeisen findet sich beispielsweise Polenta mit Steinpilzwürfel, Maissauce und Petersilienschaum; unter den „Primi“ sind Fusi-Nudeln mit Luganighe-Wurst und Jamar (ein Weichkäse aus dem Karst, gereift in 80 Meter Tiefe in einer Grotte am Tiefe am Bauernhof Dario Zidarič) und unter den Hauptgerichten sieht man Wildschweinfilet im Rotwein mit Wacholderbeeren (drei Stunden bei Niedertemperatur von 57 °C gegart) mit Polenta und Zwetschken, mit Terrano und Zimt; zum Nachtisch gibt es dann einen traditionellen Haselnuss- und Mandelmürbteigkuchen mit Marmelade und Prunella Mandorlata® Nonino-Likör. Steht zwar nicht auf Karte, aber fragen nach einer echten „Gibanica“ (Blätterteiggebäck) lohnt sich, denn sie ist hausgemacht nach altem Rezept. Zum Essen wird Ustili den passenden Wein aus seinen rund 14 000 gelagerten Flaschen empfehlen.

„Nach einem Essen sollst du ruhn und gar nichts tun“
Nur wenige Schritte über einen kleinen Hof sind es in das Gästehaus neben dem Restaurant, in dem sich acht freundlich und komfortabel eingerichtete Zimmer befinden. Sie tragen alle einen Namen: Acacia (Akazie), Sambuco (Hollunder), Finocchio (Fenchel), Santoreggia (Bohnenkraut), Roženkravt (Rosenpelargonie), Sommacco (Sumach), Ginepro (Wacholder) und Rosa Canina (Hagebutte).

Am nächsten Morgen wartet dann ein ausgiebiges Frühstück mit wiederum vielen frischen Zutaten von Saras Bio-Bauernhof (Butter, Joghurt, Käse, Obst, Marmeladen, Fruchtsäfte, Brot…) sowie hausgemachten Kuchen und Wurst aus der Umgebung. Wer etwas von der Küche des Hauses mit nach Hause nehmen möchte, findet sich in der „Einmachwerkstatt“ von Sara und Pavel, der übrigens seit Jahrzehnten Bienenzüchter ist, sicherlich etwas Passendes. Von allen möglichen Arten von Sirup, über in Essig eingelegtem Gemüse, verschiedenen Honigsorten bis hin zu Marmeladen reicht das Angebot. Natürlich ohne künstliche Zusätze und Konservierungsmittel.
Nun steht einem Ausflugstag durch den Karst nach Triest, nach Grado und auf die Laguneninsel San Barbana, nach Görz und in den Collio, zur Villa Manin oder einem anderen der zahlreichen lohnenden Ausflugsziele nichts mehr im Weg.

Weblinks
… zur Homepage Lokanda Devetak 1870
… weitere Bilder von mir von der Lokanda Devetak 1870
… Link zu openstreetmap mit Lageplan

